LAV Magazin 2022

Klaus F. Hepp Presidente VULKAN do Brasil wie im Kastensystem. Die Durchlässigkeit war relativ gering und der Austausch ebenso. Deutsche Führungskräfte gehen anders mit den Mitarbeitern um, ob am Band, in der Ingenieurabteilung oder beim Finanzchef – es wird meistens mit allen auf die gleiche Art gesprochen. Dieser Umgang ist manchmal etwas unverständlich für die Mitarbeiter, doch wenn hier Vertrauen gewonnen werden kann, bildet das eine gute Basis für eine sehr erfolgreiche beiderseitige Zusammenarbeit. Den oft positiven Vertrauensvorschuss, den einem viele Lateinamerikaner als Deutschem erst einmal entgegenbringen, gilt es zu bewahren und zu hegen. Wenn man auf die Leute positiv zugeht, wenn man sie motiviert, wenn man sie mitnimmt, dann funktioniert die Zusammenarbeit erfahrungsgemäß auch wunderbar. Ich bin eigentlich der Einzige in meinem Unternehmen, der nicht arbeitet, denn streng genommen produziere ich nichts, ich verkaufe nichts, ich entwerfe nichts, und ich verstehe meine Funktion auch eher als die eines Orchesterleiters oder Trainers eines Fußballteams. Selbstverständlich macht es riesigen Spaß, Erfolg zu haben. Es ist für mich sehr befriedigend, wenn ich feststelle, dass ich eine gute Idee hatte, dass ihre Umsetzung erfolgreich ist und alle daran Beteiligten gemeinsam stolz darauf sind. Hier in Lateinamerika ist der Geschäftserfolg sehr stark davon abhängig, dass man gute Leute findet, sie zusammenbringt, motiviert, Pläne mit ihnen auf- und umsetzen kann. Wichtig dabei ist, dass man nicht davor zurückscheut, selbst mitzuarbeiten. Es ist ausschlaggebend, selbst Verantwortung zu übernehmen, besonders dann, wenn es Probleme gibt. Je schwieriger die Situation ist, desto mehr ist das Management gefordert. Und was wünschen Sie sich für die Zukunft? Ich wünsche mir für die nächsten Jahre, dass unser Unternehmen hier in Brasilien weiter wächst. Die wunderbare Fähigkeit unseres Unternehmens- und Führungsteams, sich ständig neu zu erfinden und sich den jeweiligen, sich häufig ändernden, Rahmenbedingungen anzupassen, würde ich gerne selbst weiterentwickeln und zukünftig an jüngere Leute weitergeben. Ich mische ja selbst munter mein privates mit meinem Arbeitsleben, habe die Arbeit zum Hobby und das Hobby zum Beruf gemacht und habe zudem meine Anpassungsfähigkeit an ganz unterschiedliche Situationen als wichtigen eigenen Beitrag eingebracht. Das Wichtigste für mich ist es, meine unerschöpfliche Neugier, Neues zu lernen und meinen Spaß, mit Menschen zu arbeiten, auszuleben: Von Menschen zu lernen, Menschen kennenzulernen, Kulturen, Neues aufnehmen, das betrachte ich als wahren, als meinen Reichtum in meinem Leben. Was würden Sie jungen Menschen raten, die Übersee arbeiten möchten? Man kann sich in Unternehmen, die international tätig sind, sicher auch heutzutage durch natürliche Weiterentwicklung und Kompetenzgewinn, unterstützt durch das Erlernen von Sprachen, durch kulturelle Weiterbildung, durchaus auch im Rahmen privater Reisen und Fortbildung, zum Auslandsspezialisten entwickeln und qualifizieren. Für unabdingbar halte ich dafür jedoch Neugier und auch ein gewisses Durchhaltevermögen. Zudem sollte eine Portion Abenteuerlust dabei sein und die Bereitschaft, bis zu einem gewissen Umfang Risiken einzugehen; man muss die Bereitschaft mitbringen, Entscheidungen zu treffen, auch und gerade dann, wenn nicht alle Randbedingungen und Details definiert sind. Abschließende Worte? Für mich waren immer die Herausforderungen, der Inhalt meiner Aufgaben und die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben konnten, wichtiger als Titel oder sofortige finanzielle Anreize. Ich wollte mich aber auch nie zu sehr spezialisieren und habe stets Wert darauf gelegt, Generalist zu bleiben. Das hat nicht nur in der Theorie gestimmt – es hat auch gut funktioniert! Privat habe ich Brasilien zu meiner „natürlichen“ Heimat erkoren und ich möchte dauerhaft hier bleiben. Nicht zuletzt wegen der Lebensqualität, die ich hier gemeinsam mit meiner Familie und unseren vielen tollen Freunden genieße. Das hilft mir dabei, immer wieder kreative Ideen zu kreieren, die mein inneres „Kernkraftwerk“ befeuern und mir zu immer neuen Erfahrungen, Spaß und Freude verhelfen. 49

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