Im Forum „Kritische Rohstoffe“ haben der argentinische Staatssekretär für Bergbau, Dr. Luis Lucero, Luis Santillana, Co-founder and VP Business Development bei Greener SAC, Pablo Torrico, Geschäftsführer von EUSATI, und Jeronimo Verdugo, Managing Director for Lithium Development der ENAMI (Empresa Nacional de Minería), unter der Moderation von Roland Harings, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Aurubis, zum Thema „Kritische Rohstoffe“ diskutiert. Angesichts des beschleunigten Übergangs zu sauberer Energie und der weltweit steigenden Nachfrage nach wichtigen Rohstoffen wie Lithium, Nickel, Kobalt und Kupfer, bietet Lateinamerika eine bemerkenswerte wirtschaftliche Chance. In diesem Forum wurde vorgestellt, wie sich Argentinien, Chile und Peru auf dem kritischen Rohstoffmarkt positionieren, wie wichtig die Wertschöpfung im Bergbau ist, wie es um die Nachhaltigkeit steht und welche Chancen und Herausforderungen sich für deutsche Unternehmen ergeben.
In Argentinien, das gemeinsam mit Chile und Bolivien Teil des „Lithiumdreiecks“ ist, spielt Lithium eine zentrale Rolle. Zwei Lithiumfabriken sind in Argentinien bereits eröffnet worden, zwei weitere sollen im nächsten Jahr folgen, so der argentinische Staatssekretär für Bergbau, Dr. Luis Lucero. Zudem arbeite das Land derzeit intensiv an Kupferprojekten, da es wie sein Nachbarland Chile, ein Produzent werden wolle. Insgesamt gehören Lithium, Kupfer und Uran zu den wichtigsten Rohstoffen, die Argentinien zu bieten hat. Staatssekretär Lucero hob auch hervor, dass der Bergbau als „Mittel“ zur Armutsbekämpfung angesehen werden müsse und betonte, dass sich sein Land gerade an einem Wendepunkt befinde, da es seine Wirtschaft öffne. Seit letztem Jahr gibt es z.B. ein MoU zwischen Argentinien und der EU. Außerdem ist Argentinien vor kurzem dem MSP-Forum beigetreten, einer multilateralen Kooperationsplattform, die rohstoffproduzierende und -konsumierende Länder zusammenbringt, um einzelne Projekte und Maßnahmen zu fördern, die zur Schaffung widerstandsfähiger Wertschöpfungsketten und lokaler Wertschöpfung beitragen. Peru ist der größte Kupferproduzent der Welt, zweitgrößter Zinkproduzent und zehntgrößter Gold- und Silberproduzent. Perus Stärke liege vor allem in der Diversifizierung, so Luis Santillana. Auch Lithium wird in Peru im Untertagebau gewonnen. Zudem seien in Peru alle Regulierungen vorhanden und auch die Regierung zeige Engagement. In Chile gehören Kupfer und Lithium zu den wichtigsten Rohstoffen und sind im Salar de Atacama zu finden. Eine Besonderheit Chiles ist seine Nationale Lithium-Strategie, die Präsident Gabriel Boric 2023 implementierte. Das Land strebt an, seine Produktion durch diese Strategie zu steigern und gemeinsam mit den indigenen Gemeinden zu arbeiten. Ziel ist es, nicht nur Lithium zu exportieren, sondern einen Mehrwert in der gesamten Lieferkette zu schaffen, sich dem Weltmarkt zu erschließen und einen nachhaltigen Bergbau zu fördern. Insgesamt sollen drei Salare zum Laufen gebracht werden und die Produktion steigern.
Die Podiumsteilnehmer gingen auch auf die Chancen und Herausforderungen in ihren jeweiligen Ländern ein. In Argentinien z.B., so der Staatssekretär, gebe es ein völlig freies System bei der Vergabe von Konzessionen für den Lithiumabbau. Man müsse nur einen Antrag ausfüllen und bekommt dann den richtigen Preis und eine Lizenz, woraufhin man dann sofort mit der Exploration der Mine beginnen kann. Dies sei einzigartig im Lithiumdreieck. Allerdings hat Argentinien keine gute Bilanz, wenn es darum geht, ausländische Investitionen anzuziehen. Um das Vertrauen der ausländischen Investoren zu stärken, hat die Regierung das RIGI (Régimen de Incentivo para Grandes Inversiones) vorgeschlagen, das die Möglichkeit bietet, Waren zollfrei zu importieren. Doch Vertrauen braucht Zeit, vor allem in einer Regierung, die Gesetzte konsequent umsetzt. Die Ungewissheit, wie sich die Makroökonomie in Argentinien entwickeln wird, bleibt eine Herausforderung. Für die Kupferindustrie ist die Infrastruktur in Argentinien eine der größten Herausforderungen, da es an Investitionen, Häfen, Eisenbahnen usw. mangelt.
In Peru gibt es eine Reihe von Bergbauprojekten in der Pipeline und die Regierung hat ein klares Bekenntnis zum Bergbau abgegeben, so Santillana. Doch einige soziale Unruhen im Land haben dazu geführt, dass Projekte gestoppt wurden. Trotz Perus politischer Instabilität, hält sich das Andenland aber wirtschaftlich stabil und bietet diverse Investitionsmöglichkeiten an. Doch Peru verfügt nicht über ein nationales (Bergbau)-Unternehmen wie z.B. Codelco oder ENAMI in Chile und laut Luis Santillana sei dies notwendig. Der größte Teil der Produktion in Peru wird immer noch von privaten Unternehmen durchgeführt. Man dürfe auch nicht vergessen, dass die Gewinnung von Rohstoffen ihren Preis habe, so Roland Harings. Dem stimmte auch Jeronimo Verdugo zu: ENAMI suche nach Investoren für Bergbauprojekte in Chile. Ziel sei es das Modell einer vertikal integrierten Industrie zu erreichen, d.h. ein Unternehmen werde Eigentümer von Zulieferern, Vertriebsunternehmen oder Einzelhandelsgeschäften, um eine bessere Kontrolle über die gesamte Lieferkette zu erhalten. Dies koste jedoch Geld, so Verdugo.
Pablo Torrico von EUSATI gab auch seine Einschätzung zur Frage, wie sich die Batterie-Industrie für Elektroautos entwickeln werde. 90% der kritischen Rohstoffe, die die EU braucht, kommen von außerhalb Europas, aus diesem Grund ist es notwendig, dass diese Länder auch zuverlässige Partner sind. Argentinien, Chile, und Peru haben alle Rohstoffvorkommen, aber auf makroökonomischer Ebene bestehen weiterhin einige Herausforderungen. Das ist genau der Punkt, den EUSATI im Auge hat. Es sei sehr schwer vorherzusagen, was in diesem Sektor und im Bereich der E-Mobilität in Europa bis 2030 wirklich passieren werde.
Mehrfach wurde auch betont, dass Deutschland bei der Rohstoffsicherung hinterherhinke und Europa von China, Anführer bei der Schaffung von Rohstoffen, lernen könnte. „Wenn die EU Rohstoffe will, dann muss sie auch dafür sorgen, dass etwas passiert“, so Luis Santillana, denn China handelt bereits.
Auf die Frage, wie die Lithium-Lieferkette in 10 Jahren aussehen werde, schloss Pablo Torrico das Forum mit folgendem Fazit: „Ideal wäre es, wenn man die Erwartungen Deutschlands in Bezug auf die Energiewende und die E-Mobilität erfüllen könnte. Europa befinde sich in einer sehr wichtigen Position für diese Energiewende. Mit Südamerika ergeben sich enorme Chancen. Dennoch sollte man nicht Südamerika als reinen Rohstofflieferanten betrachten.“