LAV Magazin 2023

wicklung mehr sahen. In den letzten anderthalb, zwei Jahren hat sich das wirtschaftliche Klima jedoch etwas verbessert, nachdem viele Restriktionen aufgehoben wurden, wie Devisenbewirtschaftung, Einfuhrlizenzpflicht, hohe Zölle etc. So konnten wir aktuell unser Personal wieder aufstocken und das Geschäft belebt sich langsam wieder. Wir haben heute wieder gut zu tun, können auch wieder normal wirtschaften und abgesehen von der politischen Lage stabilisiert sich das Land in gewisser Weise – auf einem relativ niedrigen Niveau. Kolumbien, Ecuador und Peru gehören der Pazifik Allianz an. Indes unterscheiden sie sich in der Entwicklung. Wir erleben eine sehr kontinuierliche Aufwärtsentwicklung in Kolumbien, auch in Ecuador besteht eine relativ stabile Entwicklung. Peru ist im Moment durch die politische Lage etwas unsicherer. Brasilien ist als größtes Land Lateinamerikas ein wichtiger Markt für uns. Ob Import oder Export, insgesamt gesehen ist das Land strategisch wichtig, um innerhalb Lateinamerikas Geschäfte zu betreiben. Brasilien ist ein großer Handelspartner für Industriewaren; abgesehen von der landwirtschaftlichen Produktion, die unabhängig von den gängigen Speditionsdienstleistungen verladen wird. Wir haben vor zwei Jahren eine kleine Speditionsfirma in Hamburg übernommen, die speziell den zentralamerikanischen Markt fokussierte. Die Zentrale befindet sich in Guatemala, von dort aus werden alle zentralamerikanischen Länder bearbeitet, teilweise mit eigenen Niederlassungen, teilweise durch lokale Vertreter. Das Geschäft entwickelt sich stabil, ist aber auf einem niedrigeren Niveau. Wichtig ist, wenn ich heute von der Entwicklung in Lateinamerika spreche, dann bezieht sich das nicht nur auf das Geschäft, das wir mit Europa betreiben oder das die lateinamerikanischen Länder mit uns in Europa betreiben, sondern es bezieht sich auf das gesamte Transportgeschäft: innerhalb Lateinamerikas, mit Asien, mit den USA, etc. Heute ist es ein weltweites Geschäft. Wie sehen Sie das Thema der chinesischen Konkurrenz in Zentralamerika oder auch in den anderen Ländern? Spielt sie für Ihr Geschäft eine Rolle? Sie spielt eine gewichtige Rolle, denn wir akquirieren durch unsere dortigen Niederlassungen auch Geschäfte von und nach China. China ist ein großer Handelspartner in der Region und in unserem Sektor auf dem Kontinent auch nicht wegzudenken. Durch Mega-Investitionen Chinas in Südamerika und auch in Mexiko hat sich das Land Marktanteile gesichert, politisch wie wirtschaftlich. Aber es gibt ein Umdenken diesbezüglich in Lateinamerika, das hängt u.a. mit der weltpolitischen Lage zusammen. Die USA wie auch die Europäer haben Lateinamerika über viele Jahre stark vernachlässigt. Obwohl wir intensive, kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen zu den meisten Ländern pflegen, konnte China durch seine Investitionen in den letzten Jahren einen wesentlich stärkeren Einfluss gewinnen. Das ist problematisch und muss aufgearbeitet werden. Es wird Jahre dauern, um diesen chinesischen Einfluss zu limitieren, zurückzudrängen. Tatsache ist jedoch, dass die großen Investitionen, die China in der Vergangenheit in Südamerika und Mexiko getätigt hat, zurzeit nicht mehr in dem Maße erfolgen. Das hängt auch mit der aktuellen Politik zwischen den USA und China und den als Nearshoring bezeichneten wirtschaftlichen Impulsen zusammen, um wieder näher an die Märkte heranzukommen und den chinesischen Einfluss etwas zurückzudrängen. Erwartet werden in den nächsten Jahren noch viele Veränderungen, die Lateinamerika hoffentlich zugutekommen. Wie sehen Sie die Verbindung zwischen Europa, Deutschland und Lateinamerika, reicht das europäische, deutsche Engagement für eine Stabilisierung unserer Verbindungen aus, und ist noch mehr politische Begleitung gewünscht oder auch nötig? Politische Begleitung ist nötig und gewünscht. Ich halte sie für äußerst wichtig, um verlorenes Terrain wieder zurückzugewinnen. In einer globalisierten Welt sollten wir mit der Argumentation gegenüber andersdenkenden Staaten vorsichtig umgehen. Wir sind alle miteinander verbunden, wir sind gut beraten, auch den kleinen Staaten Gehör zu schenken. Ich halte es zum Beispiel nicht für richtig, dass wir den zentralamerikanischen Teil von Lateinamerika praktisch seit Jahrzehnten als nicht so wichtig er42 Mitglieder des LAV

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