Der Lateinamerika-Tag 2021

Unter der Schirmherrschaft des Ersten Bürgermeisters der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Peter Tschentscher und gemeinsam mit der Handelskammer Hamburg lud der LAV mit einer Sondergenehmigung und mit besonderen Vorgaben aufgrund der spezifischen Pandemie-Regelungen zum 72. Lateinamerika-Tag ein.

Mehr als 320 angemeldete Teilnehmer haben sich in den verschiedenen Paneldiskussionen, den spezifischen Foren, an den Ständen und im Matchmaking ausgetauscht, informiert und vernetzt.

Die LAV-Young Professionals waren in diesem Jahr mit 30 Personen vertreten, das sind fast 10 Prozent der Gesamtanmeldungen. Außerdem saßen dieses Jahr 4 von den jungen Mitgliedern auf 4 der 6 Foren und konnten ihre eigene Expertise und Erfahrung einbringen.

Der Vorabendempfang auf Einladung von Santander

Die 150 Teilnehmer an diesen Abend nutzten diese erste und einmalige Gelegenheit für ein persönliches Wiedersehen, einen ersten Austausch und zur gemeinsamen Vorbereitung auf die zwei kommenden Konferenztage. Diese Abendveranstaltung wurde von unserem Mitglied, der Santander Consumer Bank AG gesponsort und wir möchten ihnen an dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank dafür aussprechen. Die Grußworte an diesem Abend hielten Ingo Kramer, Vorsitzender der Lateinamerika-Initiative der Deutschen Wirtschaft, Klaus Hübner, Head of International Business der Santander Consumer Bank AG und Bodo Liesenfeld, Vorstandsvorsitzender des Lateinamerika Verein.

1. Konferenztag: Bereit für Veränderung?!

Eröffnung

Der Vormittag des 4. November 2021 begann mit den Begrüßungen von Bodo Liesenfeld, Vorstandsvorsitzender des Lateinamerika Verein e.V. (LAV), gefolgt von Prof. Norbert Aust, Präses der Handelskammer Hamburg und Herrn Christian Forwick, Ministerialdirigent beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Alle drei betonten den besonderen Moment der Weltgemeinschaft in Bezug auf den Klimaschutz und die Energiewende, verwiesen auf die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Lateinamerika und auf das Wertschöpfungspotenzial nach der Pandemie allgemein und die Leistungskraft von Erneuerbaren Energien in Lateinamerika im Speziellen. Auch die Handelspolitik, d.h. das Bekenntnis zum freien Handel wurde betont: Die EU und Lateinamerika sind eine Wertegemeinschaft und das vereinfacht unsere Zusammenarbeit.

 

 

Paneldiskussion: "Wiederaufbau und neue Wege / Konsequenzen und Strategien"

Am ersten Konferenztag des LAT haben die Präsidenten der geladenen Entwicklungsbanken über das Thema „Wiederaufbau und neue Wege" gesprochen. Dr. Werner Hoyer, Präsident der European Investment Bank (EIB), betonte die Rolle der Europäer in Lateinamerika, die EU sei schließlich eine der größten Investoren und Handelspartner in der Region. Lateinamerika müsse stärker in die Lösungsansätze zur Bekämpfung des Klimawandels einbezogen werden. Finanzierung und Investition spielen eine entscheidende Rolle für neue Ideen und Innovationen. Dr. Dante Mossi, Geschäftsführender Vorsitzender der Banco Centroamericano de Integración Económica (BCIE), erklärte die Prioritäten der BCIE in Sektoren wie erneuerbare Energien, Elektromobilität und Infrastruktur. Zentralamerika sei eine demokratische, interessante und zukunftsträchtige Region.Claudia Arce, Head of Department Latin America, KfW Development Bank, sprach über „Green Recovery” und die Chance zum „Build Back Better". Innovationen können einen großen Unterschied ausmachen, um die Transformation der Energietechnologien gegen die negativen Folgen des Klimawandels zu bewerkstelligen.In der anschließenden Paneldiskussion „Konsequenzen und Strategien“ (moderiert von Andreas Meier, CIO der Lombard International Assurance und Mitglied des Vorstands im LAV) tauschten sich die Experten u.a. über „bankable projects", die Kriterien für Kreditlinien zur Finanzierung von nachhaltigen ESG Projekten in Lateinamerika, makroökonomische Tendenzen für die Zukunft und die daraus resultierende Wichtigkeit der langfristigen Finanzierung in der Region aus.Finanzierungen und Investitionen, die die Entwicklungsbanken ermöglichen, könnten in Lateinamerika die Armut bekämpfen, die Wettbewerbsfähigkeit und Diversifizierung des privaten Sektors vorantreiben. Ein Grundpfeiler sei seitens der Banken jedoch die Geschwindigkeit zu erreichen, die die Märkte verlangen. Heute und in der Zukunft.

Forum 1: Financing your business – How to deal with bottlenecks

Die Besetzung dieses Forums erweckte starkes Interesse im Publikum und zeigte, dass die Finanzierung im Handel wiederholt eine Herausforderung darstellt. Interessant war die Aufstellung des Roundtables: unter der Moderation von Svenja Ahlburg, Group Director Latin America & Managing Director eines mittelständigen Unternehmens, WILO SE, und Mitglied des LAV Young Professionals Advisory Board, haben 4 internationale Abteilungen von Banken die aktuellen Finanzierungsmöglichkeiten für das Auslandsgeschäft deutscher Unternehmen besprochen. Mit dabei waren Fabio Bonardi, Strukturierte Finanzierung & Exportfinanzierung der DZ Bank; Klaus Hübner, Leiter International Business der Santander Consumer Bank AG; Matthias Wietbrock, Head of Export & Agency Finance der AKA Bank und Jürgen Ziegler, Vice President, Structured Trade & Export Finance der Deutschen Bank in Madrid. 
Das Fazit kann wie folgt gezogen werden: ein Unternehmen kann sich immer mit den spezifischen Anfragen und Wünschen an die Bank wenden, und die Ansprechpartner haben die Kompetenz, die Erfahrung und das Interesse immer eine gute und mögliche Lösung zu finden, damit Geschäfte zustande kommen. Die Santander Bank ist oft ein lokaler Partner in Lateinamerika, die Deutsche Bank in Madrid sieht Faktoren wir Lokalisierung, Sprache und Marktkenntnisse des Unternehmens als wichtige Faktoren für den Erfolg in Lateinamerika. Auch maßgebliche Herausforderungen wie nicht zu unterschätzende Währungsrisiken z.B. können abgefedert werden. Momentan gibt es keine Restriktionen für Garantien der deutschen Bundesbank in Lateinamerika. Lediglich Kuba hat durch die Sanktionen einen besonderen Status, obwohl mehrere Unternehmen am dortigen Markt interessiert sind.

Forum 2: Development for Industry 4.0

In diesem Forum diskutierten unsere Experten Dr. Victoria Behrmann (KAHL Holding GmbH), Christian Erlach (Jungheinrich AG), Andreas Fobbe (ifm electronic gmbh) gemeinsam mit dem Moderator Dr. Thomas Kuhn vom Fraunhofer Institut (IESE) die verschiedenen Umdenk- und Umwandlungsprozesse von Digitalisierung vor dem Hintergrund der Pandemie. Die größte Herausforderung für Unternehmen besteht in der Optimierung der Lieferketten - vereinfacht gesagt, die exakten Informationen zum schnellstmöglichen Zeitpunkt vorliegen zu haben. Corona wirkt weltweit wie ein Booster und hat viele Entwicklungen auch in Lateinamerika stark beschleunigt. Dennoch: Diese Prozesse brauchen Zeit und an vielen Stellen fehlt es noch an Erfahrungswerten. Ein enorm wichtiger Aspekt ist hierbei die Aus- und Weiterbildung der Arbeitskräfte. Spannend klingt zudem auch ein Projekt von Fraunhofer, dass Tests in einer virtuellen Fabrikanlage ermöglicht, ohne die realen Arbeitsprozesse zu berühren.

Forum 3: Precision Agriculture

In diesem Forum, besetzt mit Experten aus führenden Unternehmen im Bereich Agrotechnik, Chemie und auch Pflanzenzucht, diskutierten João Aleixo (DVA Group), Dr. Eberhard Nacke (Claas GmbH), Stephan Poppe-Kirchmann (Helm AG) und Prof. Dr. Jens Karl Wegener (Julius-Kühn-Institut -JKI) unter der Moderation von Maximilian Witt (Jebagro GmbH) welche Auswirkungen man sich von der Präzisionslandwirtschaft erhofft und welche Rolle sie beim Klimaschutz spielt. Sicher ist, durch gezielteren, überwachten Einsatz von Agrochemie kann diese nicht nur verringert, sondern auch der Ertrag gesteigert werden. Die Herausforderung der Nahrungssicherung für kommende Generationen bedarf spezialisierter Maschinen und Produkte, aber auch der Vernetzung von Systemen, eines globalen Verständnisses für Lösungen sowie der Einbeziehung auch tradierten Wissens. Die Betätigung diverser deutsch-lateinamerikanischer Start-Ups in diesen sich überschneidenden Wirkungsbereichen trägt dabei beträchtlich zur Lösungsfindung in Lateinamerika bei.

2. Konferenztag: Wirtschaft

Paneldiskussion: "Energiepolitik in Lateinamerika und Möglichkeiten der Kooperation"

Das Keynote-Panel sowie die sich daran anschließende Gesprächsrunde war mit hochrangigen Speakern aus den lateinamerikanischen Ländern besetzt. Neben den Ministern S.E. Omar Paganini, Minister für Industrie, Energie und Bergbau aus Uruguay und S.E. Diego Mesa, Minister für Energie und Bergbau aus Kolumbien sprach auch Max Correa, Head of Fuels and New Energy Division im Ministerium für Energie aus Chile. Alle drei Länder haben vielversprechende, ehrgeizige und zukunftsweisende Pläne für eine grünere Zukunft, die eine präzise Förderung und Etablierung von Erneuerbaren Energien vorsieht. Die Integration der neuen sauberen Energie zu stärken und die Klimaziele und „Netto-Null“ zu erreichen, war in den Kernbotschaften von Paganini, Mesa und Correa deutlich zu vernehmen. In seiner Rede für die Freie und Hansestadt Hamburg konstatiert Senator Dr. Andreas Dressel, gegenüber den Gästen aus Lateinamerika: „Zwischen uns stimmt die Wellenlänge“. Das ist eine Grundvoraussetzung für zukünftige Kooperationen. Hamburg setzt seit einigen Jahren auf grünen Wasserstoff und strebt die Zusammenarbeit mit Regionen an, die in der Zukunft Überschüsse produzieren und grünen Wasserstoff exportieren werden. Lateinamerika kann hier ein wichtiger Handelspartner sein. In der sich anschließenden Gesprächsrunde mit Moderator Dr. Christian Forwick, Ministerialdirigent Außenwirtschaft, Handelspolitik und Amerika im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, diskutierten die Vertreter für Chile, Kolumbien und Uruguay die Herausforderungen, Chancen und Möglichkeiten, welche die Produktion und Handelbarkeit von grünem Wasserstoff mit sich bringen.

Forum 1: Circular economy - building resilience in the economy

Rund ums Thema Recycling, Energiegewinnung und die Ausnutzung bzw. Erkennung von Materialströmen in Lateinamerika debattierten Naemi Denz der Steinert GmbH, Dr. Jens Utecht von der WISTEMA GmbH und Rafaela Craizer von BlackForest Solutions, unter der Moderation von Karla Beteta von der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE). Neben technischen Lösungen wurden auch die politische und regulatorische Begleitung der Umgestaltung angemahnt, ebenso wie ein Umdenken in deutschen Problemlösungsansätzen. Die Diversifizierung des Sektors in LATAM, die Übernahme der Produzenten-Verantwortung für den entstehenden Abfall aber auch die Ausbildung von Fachpersonal muss vorangetrieben werden, das Greenwashing durch CO²-Zertifikate dagegen verhindere die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft, so die Meinung der Experten. Gewünscht wurden mehr Investitionen in den Sektor, bessere FDIs, das Einbringung der Thematik in Bildungssysteme und langfristige sowie vermehrt digitalisiertere Lösungsansätze für LATAM.

Forum 2: Logistik & Trade: “Trade and value chains before and after the pandemic”

Dieses Forum vereinte die Beobachtungen und Perspektiven der Forschung in Logistik und Wertschöpfungsketten der Akademie (Moderation von Prof. Dr. Marcos Ritel, Assistant Professor of International Trade der Kühne Logistics University) mit den Alltagserfahrungen des geschäftlichen Betriebs. Víctor Agraz, Logistik- und Qualitätsplaner der ZF Friedrichshafen erzählte als Zulieferer und Nutzer der Logistikketten von den Engpässen ab Beginn der Pandemie, die bis jetzt anhalten. Darunter fallen Probleme im Bereich Mitarbeiter, Preisdruck aber auch die Vorteile der lokalen Wertschöpfung als Lieferant der Automobilindustrie. Pablo Bowen, Associate Partner, Region Süd- und Nord-Amerika der Hamburg Port Consulting GmbH (HPC) berichtete als Experte von Business Szenarien von der Notwendigkeit, neue Extremereignisse wie die Pandemie oder die Blockade des Suez-Kanals in Berechnungen einzubringen. Eigentlich kann man nicht mehr nur „just in time“ sondern muss strategisch „just in case“ denken. Volker Toepfer, Director Global Sales der Dako Worldwide Transport GmbH sieht den Sektor ganz anders betroffen als in der Krise 2008. Diesmal hat die Krise grundlegende Dinge verändert, wie Fristen und Preise für die Frachten und die Freistellung von Personal oder „social distancing“ Herausforderungen. Vieles hänge von der Öffnung oder Schließung von Grenzen ab. Es sei gleichzeitig eine Chance für Lateinamerika, um mehr Wertschöpfung in der Region zu generieren und nicht nur Commodities zu exportieren.
Das Publikum meldete sich sehr aktiv zu Wort und beteiligte sich mit Fragen und Kommentaren zu der Perspektive der steigenden Preise für Logistikdienstleistungen, zur Unterbrechung der Logistikketten aufgrund von fehlenden Containern, Lagerkapazitäten, fahrenden Lkws und Personal. Auch stellte sich die Frage der sozialen Verträglichkeit an die Carrier, ob nun, nachdem Höchstpreise erreicht wurden, die aktuellen Preise noch fair sind oder spekulativ auf maximalen Gewinn gemünzt sind. Mehrere Insolvenzen sind demnach schon auf die Handelskosten zurückzuführen. Eine Frage, an jeden von uns ist: „Braucht mal all die Spielzeuge aus China, oder kann man zu Weihnachten auch lokal einkaufen? Ist der online-Handel tatsächlich das, was wir als Gesellschaft für unsere Zukunft möchten?“ Vielleicht ist es an der Zeit umzudenken. Jede Herausforderung birgt viele Chancen, auch geschäftlicher Art.

Forum 3: From renewable energy to hydrogen

Sehr gefreut haben wir uns über die hochkarätige Besetzung dieses Forums. Die Unternehmer Besaliel Botelho (Robert Bosch Limitada), Tim Holt (Siemens Energy AG), Markus Lesser (PNE AG) und Peter Schrum (Sunfarming GmbH) diskutierten gemeinsam mit Moderator Philipp Krakau (Bingmann Pfllüger International GmbH/GLB German Latin Business GmbH) das Thema der Dekarbonisierung, die sich daraus ergebenden Möglichkeiten und die noch vorhandenen Hindernisse, um Grünen Wasserstoff zu einer belastbaren Alternative für Industrie, Mobilität, etc. zu machen. Der Aufruf der Experten – auch in Richtung Politik - ist sehr klar: Die Wirtschaft ist bereit und kann jetzt starten. Und zwar in dem Sinne, dass es eines größeren Formates bedarf und der „Gap“ zwischen Pilot- und Großprojekten jetzt geschlossen werden muss. Die Entwicklung eines realen Wasserstoffmarktes ist eine Grundvoraussetzung.

Bitte melden Sie sich im Mitgliederbereich an, um die Präsentationen, Reden und Pressestimmen zum LAT einsehen zu können.

Hier können Sie das Magazin des 72. Lateinamerika-Tag einsehen.

Lateinamerika-Tag 2021: Das Magazin

With the kind support of:

The History about the Latin America Day

Use the following link to get an impression of our past Latin America days

The Latin America Day